Am 29.02.2024 fanden sich zahlreiche Anhänger des Theaterclubs zusammen, um gemeinsam die gefeierte Vorstellung „Cabaret“ im Volkstheater zu sehen. Das Musical wurde bereits im vergangenen Jahr erfolgreich dargeboten, auch aktuell sind die Vorstellungen nahezu ausverkauft. Das allein zeugt von der Qualität der Inszenierung. Schon beim Betreten des Zuschauerraums sind wir von dem schillernden Bühnenbild begeistert. Dann öffnet sich der Vorhang und mit den Worten „Willkommen, Bienvenue, Welcome“ entführt uns der Conférencier – hervorragend gespielt von Bernd Färber – ins schillernde Berliner Nachtleben der 1920er Jahre. Dann prasseln die Eindrücke nur so auf uns ein. Tanz, Musik – die Norddeutsche Philharmonie Rostock unter der musikalischen Leitung von Manuel Hartinger sorgt für Begeisterung -, Gesang, die brillante schauspielerische Leistung aller auf der Bühne sind einfach nur beeindruckend.

Und dennoch: die Handlung ist alles andere als eine Darstellung von Leichtigkeit und einem vergnügungssüchtigen Leben der wilden 20er Jahre. Sehr tiefgründig und überraschend aktuell wird die Geschichte des jungen Schriftstellers Clifford Bradshaw erzählt, der aus Amerika nach Berlin reist, in der Hoffnung, hier endlich eine Inspiration für einen neuen Roman zu finden. Bei Fräulein Schneider findet er dank des Hinweises eines Mitreisenden, Ernst Ludwig, ein Zimmer und lernt noch am ersten Abend die Tänzerin Sally Bowles kennen, die im berühmten Kit Kat Club der Star der Show ist. Bradshaw und Bowles verlieben sich ineinander und Sally zieht kurzerhand in Cliffords Hotelzimmer ein. Die Beziehung bleibt nicht ohne Folgen, denn Sally wird schwanger, ihr Kind treibt sie später jedoch ab.  Zeitgleich sind die Zuschauer des Stücks von der Geschichte der Pensionswirtin Fräulein Schneider ergriffen, denn diese und der bei ihr wohnende jüdische Obsthändler, Herr Schultz, verlieben sich ineinander und beschließen zu heiraten, obwohl sie sich selbst als zu alt dafür finden. Aber die Verlobungsfeier findet durch Ernst Ludwig, der sich zu einem Nationalsozialisten entwickelt hat, ein jähes Ende. Fräulein Schneider löst die Verlobung schon am folgenden Tag, denn sie habe keine Wahl, wenn sie ihr Geschäft behalten wolle. Sehr schnell schließen sich immer mehr Menschen den Nationalsozialisten an, sodass die sich verschärfende Stimmung in Berlin Clifford zu einer Abreise aus Berlin veranlasst. Er möchte Sally mitnehmen, doch sie – politisch völlig uninteressiert -, misst den Entwicklungen keinerlei Bedeutung bei und träumt stattdessen weiter von einer Show-Karriere im Kit Kat Club.

Die Schicksale der Figuren lassen uns mitfühlen und bringen uns zum Nachdenken. Vor allem die Parallelen zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen hinterlassen ein bedrückendes Gefühl. Und so sind auch wir an diesem Abend mit Sally Bowles Frage konfrontiert: „Was hat das denn alles mit uns zu tun?“

Meinungen der Besucher:

  • Herr Müller: Ich war so überrascht, dass die 3 Stunden kein bisschen anstrengend waren. Die Entwicklung hin zu dieser politischen Problematik hatte ich so nicht erwartet.
  • Frida Schlarbaum: Eine Geschichte voller Glitzer und Glamour, aber auch einer erschreckenden Aktualität in Bezug auf die politischen Themen.
  • Frau Stritz: Ein mitreißender Theaterabend, der die Zuschauer in die faszinierende Welt des Cabarets entführte und sie köstlich amüsierte, jedoch gleichzeitig angesichts des aufkommenden Nationalsozialismus eine bedrückende Atmosphäre hinterließ, die das begeisterte Applaudieren zwischenzeitlich nahezu erstickte.
  • Frau Bartell: Es ist einfach imposant zu sehen, wie es gelingen kann, Unterhaltung und Bildung miteinander zu verknüpfen. Für mich ist die Inszenierung eine der besten, die ich in letzter Zeit gesehen habe.

Text: S. Bartell

Bild: S. Prokop-Werner